Transfergesellschaft; das Wort ist einfach Spitze und steht doch sinnbildlich für die staatlich gepufferte “Arbeitslosigkeit”. Ich weiss dass da natürlich deutlich mehr dahinter steckt und die benötigten 70 Millionen hätte man für Schlecker schon ausgeben können oder laut CSU sogar müssen.
Die regelmäßigen (fünf) Leser meines Blogs wissen, dass ich von der FDP genauso viel halte wie vom Verbot von Schaschlik auf dem Christkindelsmarkt aber ich bin ausnahmsweise ihrer Meinung. War das für einen Menschen in diesem Land ernsthaft eine Überraschung, dass Schlecker vor die Hunde geht? Ach hört doch auf mit so einem Käse! Schlecker oder besser seine Läden sind wirklich das Allerletzte. Der Schlecker hier im Ort hat mehr mit einer Freakshow gemeinsam als mit einer Drogerie. Das da bei alternativen Angeboten wie dm, Rossmann oder Müller keine Eule mehr einkauft ist doch selbst dem McKinsey-Praktikanten in der Hauspost klar. Die Dödel bei Schlecker wussten es doch auch schon seit Jahren. Ich zitiere nachfolgend aus dem Unternehmensregister und dem darin veröffentlichten Konzernabschluss vom 31.12.2010.
Die negative Geschäftsentwicklung sowie die gleichzeitig hohen Restrukturierungskosten wirken sich negativ auf die Liquidität aus. Daher wurden Ende 2010 Gespräche mit Banken über die Zusage weiterer, insbesondere langfristiger Kreditlinien, aufgenommen, um die Liquiditätssituation dauerhaft zu entspannen. Zum Bilanzstichtag bestanden Kredite/Kreditlinien im niedrigen zweistelligen Millionenbereich. Die für die gesamte Geschäftstätigkeit in 2010 notwendige Liquidität war in ausreichendem Umgang vorhanden.
Ich fasse zusammen: “Uns steht das Wasser bis zum Hals und wenn wir nicht schnell die Kuh vom Eis bringen geht uns die Kohle aus!”. Wer Lust und Zeit hat dem sei der komplette Lagebericht wirklich ans Herz gelegt. Danach weiss man mehr über die Hintergründe als nach 24-Stunden Dauer-Tagesschau zu diesem Thema.
Ohne volkswirtschaftliches Wissen für mich in Anspruch zu nehmen halte ich es absolut für richtig von einer Transfergesellschaft Abstand zu nehmen und zwar aus folgenden Gründen:
- Die Chancen für eine Neubeschäftigung der Schlecker-Arbeitnehmer ist besser denn je (ca. 18.000 – 20.000 Stellen im Einzelhandel sind derzeit unbesetzt)
- Das Ökosystem der betroffenen Zulieferer ist vermutlich wesentlich isolierter als bspw. bei der Automobilindustrie
- Keine globale Wirtschaftskrise oder terroristische Bedrohung sind für die Pleite verantwortlich, sondern das unfähige Management
Die Angeschmierten in der Show sind natürlich die Arbeitnehmer von Schlecker, die jetzt ihren Job verlieren und sich neu orientieren müssen. Aber das hätte in der Transfergesellschaft auch erfolgen müssen und nun erfolgt die soziale Absicherung im ersten Schritt durch Arbeitslosengeld und weitere Mittel. Kein Mitarbeiter von Schlecker wird mir zustimmen, aber ich bin der festen Überzeugung dass dies so richtig ist.
Aber kommen wir kurz zu unseren Freunden von der FDP zurück. Wenngleich ich in diesem Fall deren Meinung teile, zweifle ich stark an der zugrunde liegenden Motivation. Aufgrund der katastrophalen Wahlergebnissen muss die Sonstige, eh sorry, FDP ja alles machen um sich von den anderen Parteien zu distanzieren. Ich würde sogar fast behaupten dass einige die Transfergesellschaft befürwortet hätten, wenn der Rest der Republik dagegen gewesen wäre.
Oder, und das ist meine Vermutung, versucht die FDP nur die Bürgerbereitschaft für eine Transfergesellschaft nicht bereits jetzt schon in Anspruch zu nehmen, damit man dies nach der Bundestagswahl im nächsten Jahr noch als eigenen Rettungsanker werfen kann?!
Wenn ein Unternehmen mit überschaubaren Abhängigkeiten von Zulieferern und dortigen Arbeitsplätzen mangels Alleinstellungsmerkmal in die Insolvenz geht ist dies zwar bitter aber richtig! Hier auch noch interessanter Artikel zu dem Thema.
Oder bin ich mit Fippsi mal wieder mal der Einzige der das so sieht?